Pilgern auf dem Jakobsweg

Pilgern auf dem Jakobsweg kann das Leben verändern. Foto: ©Rojo / stock adobe

Wenn man von Pilgern hört, denkt man oft an Menschen in abgerissenen Kleidern, die im Mittelalter versucht haben, das „Heilige Land“ zu erreichen. Doch wer sich einmal näher mit dem Thema Pilgern und Pilgerreise beschäftigt, wird schnell feststellen, dass Pilgern heute so modern ist wie schon seit Jahrhunderten nicht mehr.

Mehr als 430.000 Menschen haben sich im Jahr 2023 dazu entschieden, zum Beispiel auf dem Jakobsweg zu pilgern. Fast 200.000 davon waren Spanier – der Rest kam aus den christlichen Ländern Europas. Doch was macht die Erfahrung des Pilgerns auf dem Jakobsweg so besonders? Warum gehen Menschen überhaupt pilgern, und muss das immer etwas mit „Gott“ und dem Wunsch nach „Erleuchtung“ zu tun haben?

Wir haben uns im folgenden Artikel einmal näher mit dem Jakobsweg, seiner Geschichte und der Faszination, die er auf die Menschen ausübt, beschäftigt.

Was ist der Jakobsweg?

Kein Geringerer als der Komiker und Moderator Hape Kerkeling war es, der den Jakobsweg in Deutschland wieder mehr ins Bewusstsein der Allgemeinheit brachte. Wer nicht oder nur wenig religiös war, konnte mit dem Begriff „Jakobsweg“ bis zu Kerkelings Bestseller „Ich bin dann mal weg – Meine Reise auf dem Jakobsweg“ eher wenig anfangen.

Dabei ist Santiago de Compostela – dem Ziel des Jakobswegs – die drittwichtigste Pilgerstätte im Christentum – unmittelbar nach Rom und Jerusalem. Das hat einen einfachen Grund. Hier – so sagt man – liegen die Gebeine des Apostels Jakobus (des Älteren). Dieser soll in Spanien auf Missionsreise gewesen und hier schließlich nach seinem Tod auch begraben worden sein.

Das Grab wurde der Legende nach im 9. Jahrhundert nach Christi durch eine Vision entdeckt. Der Jakobsweg fand danach in historischen Schriften zum ersten Mal im Jahr 1047 n. Chr. Erwähnung.

Während der Maurenherrschaft in Spanien und auch in späteren Epochen schlief das Interesse an der Pilgerroute immer mal wieder ein – wurde aber auch immer wieder neu entfacht. Nicht zuletzt durch die Wiederentdeckung der über lange Zeit verschollenen Gebeine des Apostels Jakobus und durch die päpstliche Erklärung aus dem Jahre 1884, dass diese Reliquien echt seien.

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Dabei ist der Jakobsweg gar nicht nur ein einzelner Weg, dem man folgen müsste. Mit dem Begriff „Jakobsweg“ werden mehrere Wege eingeschlossen, die als Ziel die Grabstätte von Santiago de Compostela haben.

Die beliebtesten Jakobswege

Es gibt verschiedene Routen für den Jakobsweg. Wir haben hier die drei schönsten Wege einmal für Sie zusammengestellt.

Der französische Weg

Die traditionellste, bekannteste und damit auch beliebteste Strecke zum Pilgern auf dem Jakobsweg ist der „Französische Weg“ – auch als Camino Frances bezeichnet. Sein Startpunkt liegt in Saint-Jean-Pied-de-Port und führt über den Norden der Iberischen Halbinsel an Städten wie Burgos, Pamplona, Leon oder Sarria vorbei bis nach Santiago de Compostela. Der französische Weg ist 743 Kilometer lang und umfasst 33 Etappen. Im Schnitt ist jede Etappe rund 25 Kilometer lang.

Wer nicht so viel Zeit hat kann seine Wanderung an jeder der oben genannten Städte beginnen. Der beliebteste und am meisten genutzte Teil des französischen Weges ist die Strecke von Sarria bis Santiago de Compostela. Diese Route gilt auch als der einfachste Jakobsweg.

Der portugiesische Weg

Der Caminho Portugues ist der zweitbeliebteste Jakobsweg. Deutlich kürzer als der französische Weg führt Sie diese Pilgerroute von Porto aus an der portugiesischen und spanischen Küste entlang bis nach Santiago de Compostela. Rund 15 % aller Pilger auf dem Jakobsweg wählen diese Route.

Als ideale Reisezeit für den portugiesischen Weg gelten das Frühjahr und der Herbst. Mit gerade einmal zwei Wochen Reisezeit können Sie die 240 Kilometer des Caminho Portugues deutlich schneller meistern als den fünf Wochen dauernden Caminho Frances.

Wer auch in Deutschland gern einmal die schönsten Wanderwege unsicher gemacht hat, aber eben noch kein ganz so erfahrener Wanderer ist, sollte ebenfalls diesen Weg bevorzugen. Denn er ist von seinem Höhenprofil und dem Anspruch der Landschaft und der Wanderetappen her noch eher als einsteigerfreundlich zu bezeichnen.

Hinzu kommt, dass der französische Weg inzwischen so beliebt wie überlaufen ist. Das bedeutet, dass Sie gerade in der Hochsaison auch schon mal Gefahr laufen können, am Abend nicht so einfach eine Unterkunft zu finden. Außerdem begegnen Sie auf dem französischen Weg sehr viel mehr Menschen als auf dem Weg von Porto nach Santiago.

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Der Weg an der Küste entlang

Ein echter Geheimtipp unter Pilgern ist der Camino del Norte – der Küstenweg. Nur 6 % aller Pilger auf dem Jakobsweg entscheiden sich für diese gleichermaßen schöne wie anspruchsvolle Route. Direkt an der Küste entlang führt der Camino del Norte von Irun an der französischen Grenze durch Städte wie San Sebastian, Bilbao, Santander und Gijon.

Der Weg führt mal über die Klippen der Steilküsten, aber auch mal direkt über den Strand. Im Sommer können Sie hier sogar baden – eine schöne Möglichkeit, sich zwischendurch abzukühlen. Der Weg ist deutlich weniger überlaufen als der französische Weg, und die Städte auf der Strecke sind eher keine großen Touristenzentren, wie man sie von der spanischen Mittelmeerküste kennt.

Der 850 Kilometer lange Weg ist allerdings durchaus anspruchsvoll, gilt es hier doch immer wieder einige Höhenmeter zu überwinden. Die Schönheit der Aussicht und die Freundlichkeit der Menschen können allerdings für viele Anstrengungen auf dem Weg entschädigen.

Gut zu wissen

Wenn Sie den Camino del Norte gehen möchten, sollten Sie zumindest einige Spanischkenntnisse mitbringen. Denn gerade in vielen Dörfern am Weg sprechen die Menschen kein Englisch, Französisch oder gar Deutsch. Für Pilger gänzlich ohne Spanischkenntnisse ist der französische Weg am ehesten geeignet.

Allein oder in der Gruppe?

Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Letztlich kommt es darauf an, was Sie genau mit Ihrer Pilgerreise verbinden möchten. Manche Menschen erleben das Pilgern auf dem Jakobsweg als eine Form der Achtsamkeit, der inneren Einkehr und der Rückbesinnung auf Dinge wie die Notwendigkeit, Zeit für sich selbst zu finden.

Wenn Sie Ihre Auszeit nutzen möchten, um zu sich selbst zu finden, über tiefer gehende Probleme oder wichtige anstehende Entscheidungen nachzudenken oder einfach nur, um Ihr Verhältnis zu Ihrem Gott zu stärken, ist eine Pilgerreise allein die sinnvollste Variante.

Anders sieht es aus, wenn Sie einfach nur die gute Infrastruktur und die gut ausgebauten Wege für eine lange und gut geplante Wanderung nutzen möchten. Denn falls die Pilgerreise weniger der inneren Einkehr und der Besinnung auf sich selbst und Ihren Gott dient, dann kann eine Reise zu zweit oder in einer größeren Gruppe durchaus angenehmer sein als das Wandern allein. Vor allem, weil Sie dann jemanden bei sich haben, mit dem Sie Ihre Eindrücke teilen und mit dem Sie sich unterhalten können.

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Wenn Sie den französischen Weg wandern, können Sie sich allerdings von dem Gedanken an völlige Einsamkeit und totale Ruhe schnell verabschieden. Auf diesem Weg werden Sie den ganzen Tag über Menschen begegnen und auch als Pilger, der allein reist, abends schnell lose Anknüpfungspunkte finden, um den einen oder anderen Abend in einer Gruppe verbringen zu können.

Pilgern auf dem Jakobsweg – Wichtige Tipps

Sie sollten auf jeden Fall bequeme, aber feste und vor allem robuste Wanderschuhe tragen. Wichtig ist auch, dass Sie ausreichend Wasser bei sich tragen. Vor allem in den Sommermonaten kann es auf der Route schnell sehr heiß werden. Nehmen Sie auf Ihrer Pilgerreise auf jeden Fall einen geeigneten Rucksack mit.

Dieser sollte einerseits bequem zu tragen sein, aber auch ausreichend Platz für Verpflegung, Kleidung und Hygieneartikel bieten. Besorgen Sie sich einen Pilgerausweis – in einigen Unterkünften bekommen Sie nur mit einem solchen auch ein Bett.

Tragen Sie bequeme und vor allem atmungsaktive Kleidung. Nehmen Sie unbedingt einen Sonnenschutz und eine Regenjacke mit. In den meisten Pilgerunterkünften werden Sie einen eigenen Schlafsack benötigen.

Zu Ihrer Notfallausrüstung mit Erste-Hilfe-Set, Taschenlampe, Handy und Powerbank sollte auf jeden Fall auch ausreichend Bargeld gehören. Eine Kartenzahlung ist in vielen Pilgerunterkünften nicht möglich.

Fazit

Pilgern auf dem Jakobsweg ist eine Erfahrung, die von Menschen seit mehr als 1.000 Jahren gemacht wird. Egal, ob Sie zu sich selbst finden, wichtige Lebensfragen wälzen oder einfach nur eine gute Zeit in der Natur erleben möchten – eine Pilgerfahrt auf dem Jakobsweg wird Ihr Leben auf jeden Fall verändern.

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Verfasst von Hajo Simons

arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater. Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).